Tausend Zeilen von Michael "Bully" Herbig

Im Zuge der Bayerischen Kinotage besuchten die beiden Bauzeichner-Klassen des letzten Lehrjahres die Vorstellung von „Tausend Zeilen“ im Würzburger Kino Central.

Journalisten müssen liefern. Sie sollen nicht nur die Wahrheit abbilden, sondern die Wahrheit soll auch noch spannend, romantisch oder actionreich sein. Das erwarten die Chefredakteure der großen Zeitungen und Magazine. Die journalistische Textsorte der Reportage verlangt besonders anschauliche Berichte. Der Leser wird mit allen Sinnen in die Geschichte hineingenommen. Vor seinem geistigen Auge soll nicht nur ein Film des Geschriebenen ablaufen. Er soll die Geschichte auch riechen, hören und schmecken können. Doch was macht man, wenn die Wahrheit eher langweilig aussieht? Oder wenn es zu gefährlich ist, an den Ort des Geschehens zu kommen? Für den Spiegel-Journalisten Claas Relotius war die Antwort darauf klar: Er erfand einfach seine eigenen Storys. Relotius fälschte und manipulierte zwischen 2010 und 2018 zahlreiche Artikel für die bekanntesten Zeitungsanstalten des Landes. Unter anderem schrieb er für den Tagesspielgel, die Zeit, die Welt und den Spiegel, wo schließlich seine Machenschaften aufflogen. Der Skandal war Wasser auf die Mühlen der Journalismus-Kritiker, die bei jeder Gelegenheit das Wort „Lügenpresse“ in den Mund nehmen.

Michael „Bully“ Herbig nahm sich diesem Plot an und verfilmte die Geschichte um den Journalisten Claas Relotius. Herausgekommen ist keine Nacherzählung der tatsächlichen Ereignisse. Bully inszeniert eine Satire, die zwar wahre Begebenheiten aufnimmt, sie aber zuspitzt und ironisch bricht. Am Ende des Films geht es dem Regisseur auch um eine Botschaft: Der Journalismus befindet sich in keiner Krise. Der Skandal um Claas Relotius war ein Angriff auf den deutschen Journalismus. Es werde zu schnell vergessen, dass es der Journalismus selbst war, der diesen Skandal aufgedeckt hatte.